Philipp Walter - 01.07.2025

Warum die Verkehrswende im Kinderzimmer beginnt

Kind spielt auf dem Hamburg-Spielteppich von Spielwende

Wir kennen das alle: Als Erwachsene müssen wir uns mühsam umgewöhnen. Jahrzehntelang war das Auto unser selbstverständliches Fortbewegungsmittel. Jetzt sollen wir plötzlich aufs Fahrrad umsteigen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder zu Fuß gehen. Das fühlt sich oft wie ein Kampf gegen unsere eigenen Gewohnheiten an. Wir müssen bewusst gegen das ankämpfen, was wir als "normal" gelernt haben.

Aber unsere Kinder? Die haben dieses Problem nicht. Für sie ist noch nichts in Stein gemeißelt. Ihre Vorstellung von Normalität entsteht gerade erst – und wir haben die einmalige Chance, diese Normalität zu prägen. Die Verkehrswende, die für uns Erwachsene so schwierig ist, kann für unsere Kinder zur Selbstverständlichkeit werden.

Der Schlüssel liegt im Kinderzimmer. Hier entscheidet sich, ob die nächste Generation die gleichen mühsamen Umgewöhnungsprozesse durchlaufen muss wie wir – oder ob nachhaltige Mobilität für sie von Anfang an normal ist.

Der mühsame Weg der Erwachsenen

Für die meisten Erwachsenen ist die Verkehrswende ein steiniger Pfad. Wir müssen gegen Jahrzehnte der Konditionierung ankämpfen. In unserer Kindheit waren die Städte anders gebaut. Breite Straßen für Autos, schmale Gehwege, Fahrradfahrer als Störfaktoren. Das Auto war König, und alles andere war Kompromiss.

Diese Prägung lässt sich nicht einfach abschütteln. Wenn wir heute vor der Entscheidung stehen, wie wir zur Arbeit fahren, denken viele automatisch ans Auto. Nicht weil es objektiv die beste Option ist, sondern weil es sich "normal" anfühlt. Das Fahrrad steht im Keller, der Bus die Notlösung. So haben wir es gelernt, so fühlt es sich an.

Selbst wenn wir rational verstehen, dass andere Verkehrsmittel oft besser sind – schneller, günstiger, umweltfreundlicher –, kämpfen wir gegen unsere emotionalen Prägungen. Jede Fahrt mit dem Fahrrad ist eine bewusste Entscheidung gegen das, was sich "normal" anfühlt. Jede Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfordert Überwindung, weil wir sie nicht als selbstverständliche Option gelernt haben.

"Ich musste mich jahrelang überwinden, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren", erzählt Sarah aus München, Mutter von zwei Kindern. "Für meine 5-jährige ist das Fahrrad heute genauso normal wie das Auto. Sie fragt mich sogar: 'Mama, warum bist du früher immer nur Auto gefahren?' Diese Frage hätte ich mir als Kind nie gestellt." Genau hier liegt der Unterschied...

Der Hebel, den wir bei Kindern haben

Unsere Kinder sind anders. Sie kommen ohne diese Prägungen zur Welt. Für sie ist noch nichts "normal" – alles ist möglich. Ein dreijähriges Kind macht keinen Unterschied zwischen Auto und Fahrrad, zwischen Bus und zu Fuß gehen. Alle Verkehrsmittel sind für das Kind gleich interessant, gleich selbstverständlich.

Diese Offenheit ist unser größter Hebel. Während Erwachsene mühsam umprogrammiert werden müssen, können wir unseren Kindern von Anfang an die richtige Programmierung mitgeben. Wir können ihnen eine Welt zeigen, in der verschiedene Verkehrsmittel gleichberechtigt nebeneinander existieren. Eine Welt, in der das Fahrrad genauso selbstverständlich ist wie das Auto, in der öffentliche Verkehrsmittel nicht die zweite Wahl sind, sondern eine von vielen guten Optionen.

Das Schöne daran: Kinder lernen nicht durch Belehrung, sondern durch Erleben. Sie müssen nicht überzeugt werden – sie nehmen einfach auf, was sie sehen und erfahren. Wenn ein Kind täglich auf einem Spielteppich spielt, der eine vielfältige Mobilitätswelt zeigt, wird diese Vielfalt zu seiner Normalität. Ohne Anstrengung, ohne Kampf gegen alte Gewohnheiten.

Kinder spielen mit dem Spielzeugfahrrad von Spielwende auf dem Hamburg-Spielteppich.Im Vordergrund sieht man die Elphi
Ein Kind spielt in einem Kindergarten mit dem Spielzeugfahrrad von Spielwende auf dem Spielteppich und schaut dabei in die Kamera.

Spielzeug als Weltanschauungs-Präger

Genau das erlebt auch Familie Hecker aus Hamburg: "Unser Sohn Max spielt seit einem halben Jahr auf dem Hamburg-Teppich. Neulich sagte er zu seinem Freund: 'Schau mal, hier fährt die S-Bahn und da das Lastenrad - genau wie bei uns zu Hause!' Er erklärt anderen Kindern jetzt die verschiedenen Verkehrsmittel."

Spielzeug ist mächtiger, als wir oft denken. Es ist nicht nur Unterhaltung – es ist ein Fenster zur Welt. Kinder lernen durch Spielzeug, wie die Welt funktioniert und was normal ist. Ein Spielteppich ist für ein dreijähriges Kind nicht nur ein Spielzeug, sondern ein Modell der Realität.

Traditionelle Spielteppiche zeigen eine Welt, die unserer Vergangenheit entspricht: breite Straßen dominieren das Bild, Autos sind überall, Fahrradwege existieren nicht. Diese Darstellung prägt Kinder unbewusst. Sie lernen, dass Straßen für Autos da sind und dass andere Verkehrsmittel weniger wichtig sind.

Aber was passiert, wenn wir dieses Bild ändern? Was passiert, wenn der Spielteppich eine Welt zeigt, in der Fahrradwege genauso breit sind wie Autostraßen? In der Fußgängerzonen einladend gestaltet sind? In der Busse und Bahnen selbstverständlich zum Stadtbild gehören?

Dann lernen Kinder eine andere Normalität. Sie verinnerlichen, dass Mobilität vielfältig ist. Sie entwickeln keine emotionale Bindung an ein einzelnes Verkehrsmittel, sondern sehen alle Optionen als gleichwertig an.

Der Unterschied zwischen Lehren und Prägen

Hier liegt ein wichtiger Unterschied: Wir müssen Kindern nicht beibringen, dass nachhaltige Mobilität gut ist. Wir müssen sie nur mit einer Realität konfrontieren, in der nachhaltige Mobilität normal ist. Der Rest geschieht von selbst.

Als Erwachsene müssen wir uns bewusst daran erinnern, dass das Fahrrad eine Option ist. Wir müssen uns die Vorteile des Radfahrens vor Augen führen. Wir müssen gegen unsere Gewohnheiten ankämpfen. Kinder, die mit vielfältiger Mobilität aufwachsen, haben dieses Problem nicht. Für sie ist es selbstverständlich, dass man je nach Situation das passende Verkehrsmittel wählt.

Diese Art des Lernens ist viel nachhaltiger als bewusstes Lehren. Was wir als Kinder als normal erlebt haben, bleibt häufig ein Leben lang normal. Es wird nicht hinterfragt, nicht angezweifelt, nicht vergessen. Es ist einfach da.

Die Macht der frühen Prägung

Entwicklungspsycholog:innen wissen, dass die ersten Lebensjahre entscheidend sind. Was Kinder in dieser Zeit erleben, prägt ihre Weltanschauung für den Rest ihres Lebens. Das gilt auch für ihre Vorstellung von Mobilität.

Ein Kind, das in den ersten Jahren seines Lebens täglich mit einem Spielteppich spielt, der eine autozentrierte Welt zeigt, wird diese Welt als normal empfinden. Selbst wenn es später rational versteht, dass andere Verkehrsmittel sinnvoll sind, wird das Auto emotional sein "Standard-Verkehrsmittel" bleiben.

Umgekehrt wird ein Kind, das mit vielfältiger Mobilität aufwächst, diese Vielfalt als normal empfinden. Es wird als Erwachsener nicht verstehen, warum manche Menschen so stark am Auto hängen. Für dieses Kind wird es selbstverständlich sein, das Verkehrsmittel zu wählen, das zur jeweiligen Situation passt.

Diese frühe Prägung ist so stark, dass sie oft ein Leben lang anhält. Menschen, die als Kinder positive Erfahrungen mit bestimmten Verkehrsmitteln gemacht haben, nutzen diese auch als Erwachsene lieber. Menschen, die als Kinder nur Autos als "echte" Verkehrsmittel kennengelernt haben, tun sich schwer damit, andere Optionen als gleichwertig zu betrachten.

Warum der Kinderzimmer-Ansatz so effektiv ist

Der Kinderzimmer-Ansatz ist deshalb so effektiv, weil er an der Wurzel ansetzt. Statt zu versuchen, erwachsene Gewohnheiten zu ändern, verhindert er, dass sich problematische Gewohnheiten überhaupt erst entwickeln.

Wenn wir Erwachsene überzeugen wollen, weniger Auto zu fahren, müssen wir gegen Jahre oder Jahrzehnte der Prägung ankämpfen. Wir müssen rationale Argumente liefern, emotionale Widerstände überwinden und praktische Hürden abbauen. Das ist mühsam und oft nur teilweise erfolgreich.

Wenn wir Kindern von Anfang an eine vielfältige Mobilitätswelt zeigen, müssen wir gar nicht überzeugen. Die Kinder nehmen diese Vielfalt einfach als gegeben hin. Sie entwickeln keine Widerstände, weil sie nichts anderes kennen.

Dieser Ansatz ist auch nachhaltiger. Erwachsene, die sich mühsam umgewöhnt haben, können in Stresssituationen oder bei Veränderungen in ihre alten Muster zurückfallen. Kinder, die mit neuen Mustern aufgewachsen sind, haben keine alten Muster, in die sie zurückfallen könnten.

Die Rolle der Eltern als Weichensteller:innen

Eltern haben in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Sie sind diejenigen, die entscheiden, mit welchem Spielzeug ihre Kinder aufwachsen. Sie prägen durch ihre eigenen Entscheidungen und Gewohnheiten die Wahrnehmung ihrer Kinder.

Das ist eine große Verantwortung, aber auch eine große Chance. Eltern können ihren Kindern ersparen, was sie selbst durchmachen mussten: die mühsame Umgewöhnung von autozentrierten zu nachhaltigen Mobilitätsmustern.

Dabei müssen Eltern nicht perfekt sein. Sie müssen nicht komplett auf das Auto verzichten oder zu Verkehrswende-Aktivisten werden. Es reicht, wenn sie bewusst verschiedene Verkehrsmittel nutzen und dabei positive Erfahrungen schaffen.

Wenn die Familie manchmal mit dem Fahrrad zum Spielplatz fährt, manchmal den Bus nimmt und gelegentlich auch das Auto nutzt, lernt das Kind automatisch, dass alle Optionen ihre Berechtigung haben. Es entwickelt keine starre Hierarchie, sondern eine flexible Einstellung zur Mobilität.

Diese Flexibilität ist der Schlüssel. Kinder, die verschiedene Verkehrsmittel als gleichwertige Optionen kennenlernen, werden als Erwachsene situativ entscheiden. Sie werden nicht automatisch zum Auto greifen, sondern überlegen: Was passt heute am besten? Ist die Strecke so kurz, dass es mit dem Auto länger dauert, als mit dem Fahrrad? Ist die Strecke gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu schaffen? Brauche ich wirklich das Auto, oder geht es auch anders?

Checkliste: 5 Schritte zur Verkehrswende im Kinderzimmer

  • Schritt 1: Spielzeug-Check - Welche Verkehrsmittel sind im Kinderzimmer vertreten?
  • Schritt 2: Gemeinsame Mobilität - Nutzt bewusst verschiedene Verkehrsmittel im Alltag
  • Schritt 3: Spielerische Gespräche - Erklärt beim Spielen die Vorteile verschiedener Verkehrsmittel
  • Schritt 4: Realitätsbezug schaffen - Zeigt echte Beispiele aus eurer Stadt
  • Schritt 5: Positive Verstärkung - Lobt bewusste Verkehrsmittelwahl Praktische Spielideen direkt im Artikel:

Das Spiel als natürlicher Lernraum

Im Spiel können Eltern diese Vielfalt verstärken, ohne belehrend zu wirken. Wenn das Kind mit seinem Spielzeug-Lastenrad durch die Spielzeugstadt fährt, können sie erzählen, wie praktisch echte Lastenräder sind. Wenn die Spielzeugfigur mit dem Bus fährt, können sie über die Vorteile öffentlicher Verkehrsmittel sprechen. So wird das Spiel zu einem natürlichen Lernfeld.

Besonders wertvoll ist es, wenn Eltern selbst mitspielen und verschiedene Rollen übernehmen. Als Verkäufer:in auf dem Markt, als Busfahrer:in oder als Radfahrer:in können sie zeigen, wie vielfältig das Stadtleben ist. Kinder lieben es, wenn ihre Eltern aktiv am Spiel teilnehmen, und diese gemeinsamen Erfahrungen prägen sich besonders tief ein.

Der Multiplikatoreffekt

"Mama, können wir heute mit dem Fahrrad zum Kindergarten?" - Diese Frage hört Familie Knopp aus Leipzih seit dem Spielwende-Teppich häufig. Früher fuhr der 4-jährige Sohn automatisch mit dem Auto mit. Heute überlegt er bewusst, welches Verkehrsmittel am besten passt.

Jedes Kind, das mit einer vielfältigen Mobilitätswelt aufwächst, wird zum Multiplikator für diese Ideen...  Kinder sprechen mit ihren Freund:innen über das, was sie zu Hause erleben. Sie erzählen von ihren Spielerfahrungen, zeigen ihre Spielsachen und geben ihre Begeisterung weiter. So verbreitet sich das Bewusstsein für nachhaltige Mobilität von Familie zu Familie.

Dieser Effekt verstärkt sich, wenn die Kinder älter werden. Jugendliche, die mit dem Bewusstsein für vielfältige Mobilität aufgewachsen sind, werden andere Entscheidungen treffen als ihre Altersgenossen. Sie werden eher bereit sein, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Sie werden ihre Eltern dazu ermutigen, das Auto öfter stehen zu lassen. So werden die Kinder zu Botschaftern der Verkehrswende in ihren eigenen Familien.

Entdecke die Stadt von morgen

Lass dein Kind spielerisch nachhaltige Mobilität erleben

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Die Vision wird Realität

Wir stehen an einem Wendepunkt. Die Technologien für nachhaltige Mobilität sind da, die gesellschaftliche Bereitschaft wächst, die politischen Weichen werden gestellt. Was noch fehlt, ist die emotionale Grundlage – die tiefe Überzeugung, dass nachhaltige Mobilität nicht nur vernünftig, sondern auch normal und erstrebenswert ist.

Diese emotionale Grundlage können wir unseren Kindern mitgeben. Wir können ihnen zeigen, dass die Stadt von morgen nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert ist. Wir können sie darauf vorbereiten, diese Stadt nicht nur zu bewohnen, sondern auch zu gestalten.

Die Verkehrswende beginnt im Kinderzimmer. Sie beginnt heute. Sie beginnt mit der Entscheidung, unseren Kindern eine andere Welt zu zeigen – eine Welt, in der Mobilität vielfältig, nachhaltig und bereichernd ist. Eine Welt, die wir gemeinsam erschaffen können.

Das Schönste war, als meine Tochter zu mir sagte: 'Papa, lass uns heute den Bus nehmen - dann können wir zusammen aus dem Fenster schauen'", berichtet Michael aus Kiel. "Früher war der Bus für sie nur die Notlösung."

Bereite dein Kind auf die Stadt von morgen vor
– mit Spielzeug, das nicht nur unterhält, sondern auch die Werte vermittelt, die unsere Zukunft prägen werden. Denn die Mobilität von morgen entscheidet sich heute, in den Köpfen und Herzen unserer Kinder.

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